Zu einer “richtigen” Hochzeit gehört neben Ringen, dem Brautkleid, der Rede und dem Brautstrauß natürlich eine Hochzeitstorte. Opulent mehrstöckig, mit frischen Blumen oder ganz schlicht – und immer wird das Anschneiden zelebriert…doch warum eigentlich? Wir haben mit der Kuchenhistorikerin (ja, diesen Job gibt es wirklich) Dr. Alysa Levene gesprochen und sie zu diesem süßen Thema interviewt.
Warum lieben wir Kuchen?
Kuchen repräsentiert einen wohltuenden Leckerbissen. Er ist klein und günstig genug, dass er auch noch in finanziell instabilen Zeiten erschwinglich ist aber weil er sitzend gegessen wird – normalerweise auf einem Teller, – bringt er auch eine Pause um über den Leckerbissen nachzudenken, anstelle ihn einfach in einem Happen zu essen. Weil Kuchen auch oft auf Feierlichkeiten gegessen wird, wie z.B einer Hochzeit, symbolisiert er auch eine tolle gemeinsam erlebte Zeit. Indem wir Kuchen essen klinken wir uns ein das Glück von jemanden zu feiern, das in Kombination mit dem Endorphin Kick vom Zucker – macht es eine sehr glückliche Angelegenheit.
An einer Hochzeit wird das nochmals verstärkt, wenn der Kuchen sehr groß ist und zur Schau gestellt wird – fast wie ein extra Gast – und wir schauen zu wie er vom Paar als erster symbolischer Akt angeschnitten wird. Es ist Teil des Rituals und jeder kann teilnehmen.
Seit wann gibt es die Hochzeitstorte wie wir sie kennen?
Die ersten Rezepte die viele ähnliche Zutaten haben wie später eine Hochzeitstorte sind bereits in Kochbüchern vom 16 und 17. Jahrhundert. Sie sind oftmals riesig, hergestellt aus Dutzenden Eiern, haufenweise Butter und Trockenfrüchten und oft auch mit Likörwein. Die Größe lässt darauschließen, dass sie sehr teuer gewesen sein muss und somit nur etwas für die Reichen war. Es dauert auch sehr lange sie herzustellen – eine Stunde allein um die Eier und den Zucker zu schlagen – somit brauchten man viele Angestellte um die Arbeit auszuführen und sehr große Öfen um die Torte zu backen.
Warum spielt Kuchen so eine große Rolle bei wichtigen Lebensereignissen wie etwa Hochzeiten oder Geburtstagen?
Es ist ein zentrales Objekt und es ist sehr vertraut. Ein Kuchen kann gekauft oder sehr leicht hergestellt werden aber transportiert so viel mehr als sein Preisschild – er steht für Liebe und Zuneingung. Kerzen ausblasen oder Fotos machen mit dem neu vermählten Paar neben dem Hochzeitskuchen fokussiert die Aufmerksamkeit auf einen Ritual, welches bekannt und verstanden ist. Denkt man darüber nach, so gibt es sehr viele Dinge, welche gefüllt sind mit Bedeutung, gerade bei Hochzeiten – die Ringe, Gastgeschenke, die Blumen…
Viele haben eine lange Geschichte und es sind alles Wege die Familie und den Freundeskreis beim besonderen Anlass mit einzubeziehen.
Welches ist ihr Lieblings-Kuchenmythos?
Die Kriegskuchen aus Großbritannien, ein berührender Mythos, der auch wahr ist. Die Kuchen in der Kriegszeit waren sehr klein und bescheiden durch die Lebensmittelrationierung. Die Kuchen bekamen eine hübsche Karton-Attrappe übergestülpt, damit sie auf den Fotos besser aussahen. Im Imperial War Museum kann man eine Tonaufnahme einer Zeitzeugin hören, welche sich daran erinnert wie enttäuscht sie als Kind auf der Hochzeit ihres Cousins war, als die Kuchen Fassade entfernt wurde und sich darunter nur ein trauriges Früchtebrot befand.
Welche Kuchentrends prognostizieren Sie für die Zukunft?
Ich denke es wird einen Schritt zurück geben; elegante aber minimalistische Torten anstelle von protzig und Aufmerksamkeit haschend. Aber egal in welcher Form, der Kuchen wird seinen Platz als schöner Ehrengast bei Hochzeiten noch für eine lange Weile behalten.
Wer mehr zum Thema Kuchen lesen möchte, dem empfehlen wir das Buch von Dr. Alysa Levene “Cake: A Slice of History“